Ein Streifzug durch die Geschichte führt 900 Jahre zurück, an den Tag, an dem der berühmte Friedrich I. Barbarossa das Licht der Welt erblickte. Ein exaktes Geburtsdatum findet man in den Aufzeichnungen nicht, jedoch geht man davon aus, dass er um 1122 in Haguenau (heutiges Frankreich) geboren wurde. Väterlicherseits entstammt er dem Adelsgeschlecht der Staufen, seine Mutter war Welfin. In jungen Jahren erlernte er zwar das Reiten, Jagen und den Umgang mit Waffen, der Schrift und auch der lateinischen Sprache war er nicht mächtig. Und trotzdem gelang es ihm, einer der ganz Großen der Geschichte zu werden. Noch heute weiß man: Er verkörperte den Glanz des hohen Mittelalters.
Barbarossa, der Kaiser
Nach der Wahl zum deutschen König in Frankfurt am Main und der Königskrönung in der Aachner Münsterkirche (1152) soll Friedrich I. im Juli 1155 Kaiser werden. Um die Kaiserkrone zu erhalten, muss er jedoch die Reise nach Rom antreten. So will es die Tradition. Schon 200 Jahre zuvor, seit Otto dem Großen, krönt der Papst den deutschen König auch zum römischen Kaiser. Dieser wird so gleichzeitig zum Schutzherrn der abendländischen Christenheit. Aber das feierliche Zeremoniell wird überschattet vom Dauerstreit, der zwischen dem Papst und dem Kaiser herrscht. Sie sind unterschiedlicher Meinung, von wem der Kaiser seine Macht verliehen bekommt: von Gott selbst oder vom Papst, dem Stellvertreter Gottes? Und sind der Papst und der neug ekrönte Kaiser gleichrangig oder hat der eine dem anderen gegenüber mehr Macht? Während Friedrich I. der Meinung ist, dass Gott ihm die Krone auf sein Haupt setzt, ist der Papst der Auffassung, dass er die Kaiserwürde verleiht. Barbarossas Grundsatz lautet: „Das Reich ist heilig.“ Seines Erachtens braucht der Herrscher eines Reiches nicht den Segen des Papstes. Dies untermauert auch ein Schreiben aus Barbarossas Kanzlei im Jahr 1157, in dem erstmals der Begriff „sacrum imperium“ (heiliges Reich) auftaucht. Über die Jahre wird daraus das „Heilige Römische Reich deutscher Nation“.
Italien begehrt auf
Sein Kaiserreich erstreckt sich von der Ostsee bis nach Italien. Die Fürsten des Mittelalters regieren damals über das „Römische Reich“, das mehrere Königreiche umfasst. In Anlehnung an das antike Rom sehen sich die damaligen Regenten als Nachfolger der römischen Imperatoren. Zwar gehört Oberitalien zum Reichsgebiet von Kaiser Friedrich I., dennoch fällt es ihm schwer, seine Kaiserwürde in der Region zu halten. Immer wieder muss er dort seine Ansprüche verteidigen. Elf seiner 38 Regierungsjahre verbringt er in Italien. In dieser Zeit entsteht auch sein Beiname „barba rossa“ was „roter Bart“ bedeutet. Ein Dorn im Auge sind dem Kaiser jene Städte, die Reichtum durch Handwerk und Handel erlangt haben. Die Bewohner sind selbstbewusst, sie fragen sich, warum sie sich einem Kaiser unterwerfen und Steuer zahlen sollen, der fern seiner Heimat ein anderes Volk regieren will. Er muss seine Macht weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus unter Beweis stellen. Das Aufbegehren des Volkes darf es unter seiner Regentschaft nicht geben. Erbarmungslos geht er deshalb gegen die Städte vor, und in Italien verbreitet sich Wort vom „furor teutonicus“ (teutonische Raserei) wie ein Lauffeuer. Im Jahr 1162 spitzt sich die Lage dann zu, und der Kaiser gibt den Befehl, Mailand dem Erdboden gleichzumachen. Genug ist genug – für die Städte ist klar: Sie lassen sich nicht weiter unter Barbarossas Teufelsherrschaft in die Knie zwingen. Sie schließen sich zusammen und gehen ein Bündnis mit Papst Alexander III. ein. Dieses Bündnis wird Kaiser Friedrich I. bei der Schlacht bei Legnano im Jahr 1176 zum Verhängnis. Damit die Städte ihn weiter als Kaiser ansehen, muss er ihnen ein großes Maß an Autonomie zugestehen. In diese Vereinbarung willigt er ein. Aber auch der Papst muss besänftigt werden, auf dem Markusplatz in Venedig küsst Barbarossa dem Kirchenoberhaupt die Füße. So ist es ihm gelungen, seine Kaiserwürde zu verteidigen und das Fortbestehen des heiligen Reichs zu sichern.
Einiger der Reiche
Auch wenn es Barbarossa in Italien schwerfällt, seine Macht zu halten, gelingt es ihm in anderen Teilen seines Reichs, diese zu festigen. Unter anderem kann er das Königreich Burgund an sich binden, indem er im Jahr 1156 die erst 16-jährige Beatrix von Burgund ehelicht. Die mächtigen Geschlechter, die alle eigenen Territorien regieren und somit ihre eigenen Interessen vertreten, stellen Kaiser Barbarossa immer wieder vor neue Herausforderungen. Er muss zwischen den Regierenden für Kompromisse sorgen, denn er weiß, ohne den Rückhalt der Fürsten ist selbst seine Macht nicht viel wert. Er ist, wie alle mittelalterlichen Herrscher, ein Reisekönig; nur dort, wo er präsent ist, kann er sich als Herrscher behaupten. Ein Weggefährte Barbarossas ist Heinrich der Löwe, der nicht nur der Herzog von Sachsen, sondern auch ein Verwandter von Kaiser Friedrich I. ist. Über die Jahre ist er ihm ein treuer Anhänger, er unterstützt ihn, wo er kann. Doch das tut er nicht ganz uneigennützig: Heinrich der Löwe verlangt die Rückübertragung des Herzogtums Bayern.
Geburtsstunde Österreichs
Der Streit um das bayerische Herzogtum ist eine Hinterlassenschaft von Barbarossas Vorgänger Konrad III., der dem Vater Heinrichs des Löwen das bayerische Herzogtum wegen Eidesverweigerung abgesprochen und später den Babenbergern zugesprochen hat. Inzwischen regiert Heinrich Jasomirgott Bayern, der die Gebiete nicht einfach so abtreten will. Was folgt, sind Verhandlungen, die sich bis 1156 ziehen: Barbarossa muss Rücksicht auf Rang, Status und Ehre nehmen. Dabei wechselte Friedrich I. in seinen Maßnahmen zur Lösung des Problems zwischen einem öffentlichen Verfahren vor dem Königsgericht mit dem Urteil durch die Fürsten (iudicium) und einer gütlichen Einigung zwischen den Beteiligten (consilium). Jasomirgott wird zwischen Oktober 1152 und Dezember 1153 mehrmals zu Verhandlungen vorgeladen. Angesichts seiner bevorstehenden Kaiserkrönung ändert Barbarossa sein Verhalten. Im Juni 1154 wird Heinrich Jasomirgott das Herzogtum Bayern durch ein Judicium der Fürsten entzogen und Heinrich dem Löwen zugesprochen. Eine Investitur in das bayerische Herzogtum unterbleibt. Durch dieses Vorgehen will sich Barbarossa den Verhandlungsweg mit Heinrich II. Jasomirgott bewahren. Im Jahr 1156, nach langen Verhandlungen, findet sich eine Lösung: Heinrich der Löwe erhält Bayern zurück, die Markgrafschaft Österreich wird abgetrennt und mit Begünstigungen ausgestattet. Im „Privilegium minus“ (kleiner Freiheitsbrief) von 1156 wirde die Markgrafschaft Österreich in ein Herzogtum (ducatus Austrie) umgewandelt und an Heinrich Jasomirgott vergeben. Heinrich Jasomirgott kann den Nachfolger bestimmen, die Herzöge von Österreich müssen zu Hoftagen nur in Bayern erscheinen und waren lediglich zur Heerfolge in den Nachbarländern verpflichtet. Das Privilegium minus gilt als die Geburtsurkunde Österreichs. Durch den Kompromiss gelingt es Barbarossa, Rang und Ansehen (honor) der beiden rivalisierenden Großen in der Öffentlichkeit zu wahren.
Vom Verbündeten zum Feind
Nun hat der Löwe, was er wollte, aber sein Hunger nach Macht ist damit nicht gestillt. Als Barbarossa 1176 in einem weiteren Feldzug gegen oberitalienische Städte vorgehen will und um die Unterstützung seines Verwandten bittet, fordert dieser als Gegenleistung die Kaiserstadt Goslar mit ihren Silberbergwerken. Der Kaiser gewährt ihm diese Forderung nicht, und der Löwe verweigert ihm seine Unterstützung. Ohne die Truppen des Löwen endet der Feldzug allerdings in der Niederlage bei Legnano. Diesmal ist Heinrich zu weit gegangen. Das sieht nicht nur der Kaiser so, sondern auch den Fürsten im Reich geht seine Machtgier zu weit. 1180 wird die Steiermark von Bayern getrennt und zum Herzogtum erhoben. Damit ist Friedrich I. Barbarossa auch der Begründer der Steiermark als Herzogtum. Sie verlangen seinen Sturz. Heinrich der Löwe versucht, sein Verhalten 1181 auf dem Reichstag in Erfurt mit einem reumütigen Kniefall zu entschuldigen. Doch es ist zu spät. Er verliert seine Lehen. Lediglich seine Allodialgüter (Eigengüter) um Braunschweig und Lüneburg darf er behalten. Er wird verbannt und muss drei Jahre im Exil verbringen, danach spielt er keine bedeutende Rolle mehr. Die Gebiete des Löwen werden aufgeteilt. Das diplomatische Geschick Barbarossas hat die Fürsten besänftigt, später erklärt man ihn zum Einiger der Reiche.
Barbarossa: Ritter und Mythos
Seine Macht im Reich festigt Friedrich I., indem er sich neue Territorien aneignet; das gelingt ihm vor allem im süddeutschen Raum. Ausdruck verleiht er seiner Herrschaft mit Burgen, von denen in staufischer Zeit viele gebaut wurden. Diese Reichsgüter wollen auch verwaltet werden; da Barbarossa das allerdings nicht allein kann, setzt er sogenannte Ministeriale ein. Einige davon schlägt er zu Rittern. Dadurch entsteht mit dem königstreuen Dienstadel nicht nur eine neue Gesellschaftsschicht, sondern auch das Ideal Barbarossas Zeit: der stolze, gebildete und tapfere Ritter. Im Jahr 1184 lädt der Kaiser zum Hoffest in die Maaraue bei Mainz, zu dem Fürsten aus ganz Europa mitsamt ihrem Gefolge hinströmen. Der Höhepunkt des Festes ist die Schwertleite, bei der Tausende junger Männer feierlich in den christlichen Ritterstand aufgenommen werden. Darunter finden sich auch die Söhne Barbarossas, Heinrich und Friedrich. Mit ihrem Ritterschlag soll die Macht auch in Zukunft beim Geschlecht der Staufen bleiben. Das Mainzer Hoffest, das bis heute als prunkvoller Höhepunkt der Ritterkultur gilt, findet allerdings ein tragisches Ende. Ein heftiges Gewitter zieht auf, das sogar Menschenleben fordert.
Vom Ritter zur Sagengestalt
Da sich Barbarossa auch im fortgeschrittenen Alter noch als christlichen Ritter betrachtet, begibt er sich mit fast 70 Jahren auf einen weiteren Kreuzzug nach Jerusalem. Es wird sein letzter sein. Aus ungeklärten Umständen ertrinkt Barbarossa 1190 im Fluss Saleph (heutige Türkei). Sein Grab wurde nie gefunden, und auch sein Leichnam bleibt bis heute unauffindbar. Ab 1570 entsteht deshalb die Sage, dass er nie gestorben sei. Seine Kampfkraft und sein heldenhafter Mut werden gepriesen. Seine Auseinandersetzung mit dem Papst würdigte Martin Luther, und die Gebrüder Grimm brachten die thüringische Sage von „Friedrich Rotbart auf dem Kyffhäuser“ zu Papier. Der Legende nach soll der alte Kaiser im Berg Kyffhäuser in Thüringen darauf warten, zurückzukehren, um sein Reich wieder zu vereinen. Diese Legende stößt auf Anklang, und 1896 errichtet man für den neuen deutschen Kaiser Wilhelm I., auch „Barbablanca“ genannt, ein gigantisches Denkmal auf dem Kyffhäuser, dem der erwachende Barbarossa zu Füßen sitzt.
Kaiser Friedrich I. Barbarossa verkörpert wie kein anderer den Glanz des hohen Mittelalters. Seine Idee eines universellen Kaisertums, seine Fähigkeit, die mächtigen Fürsten im Reich im Griff zu behalten, und sein Eintreten für ritterliche Kultur machten ihn zur führenden politischen Figur. Für Österreich hat Friedrich I. Barbarossa die Grundlage für die Staatswerdung gelegt und auch nach 900 Jahren gehört er noch zu den besonderen Erinnerungsfiguren der Geschichte.