106 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und 79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gedenken wir am Kriegerdenkmal der in den Kriegen gefallenen, vermissten und gestorbenen Soldaten.
Der Erste Weltkrieg war die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, weil erstmals in der Menschheitsgeschichte die gesamte Gesellschaft in den Krieg einbezogen wurde, der Krieg 40 Länder umfasst hat und die bisherige politische Ordnung vollständig geändert wurde.
Im Ersten Weltkrieg haben etwa 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren, 1,1 Millionen in Österreich-Ungarn.
Die Friedensschlüsse von Saint Germain für Österreich, Versailles für Deutschland, Trianon für Ungarn, Neuilly-sur-Seine für Bulgarien und Sèvres für die Türkei, haben keine befriedigenden Regelungen gebracht und die wirtschaftlichen Probleme, vor allem durch die Reparationsverpflichtungen, verschärft.
Die folgenden Radikalisierungen haben zum Zweiten Weltkrieg geführt. Es waren 60 Staaten beteiligt, es gab 57 Millionen Opfer, davon 350.000 in Österreich.
Obwohl das Motto von Käthe Kollwitz „Nie wieder Krieg“ lauter wurde und trotz der Gründung der Vereinten Nationen und sonstiger Organisationen, hat es nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Kriege gegeben und gibt sie noch:
- 1947 – 1949 Krieg in Palästina
- 1950 – 1953 Koreakrieg
- 1955 – 1975 Vietnamkrieg
- 1967 6-Tage-Krieg (Israel)
- 1973 Jom-Kippur-Krieg (Israel)
- 1979 – 1989 Afghanistankrieg
- 1990/91 / 2003 Irakkriege
In Europa:
- 1991 – 2001 Jugoslawienkrieg
- 2022 Invasion Russlands in der Ukraine
- 2023 und 2024 Krieg Israels in Gaza und im Libanon und andere mehr.
Vor allem die Kriege in der Nachbarschaft haben gezeigt, dass es nach Bertolt Brecht nicht genügt zu sagen, „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“, weil Kriege trotzdem stattfinden; es genügt auch nicht, darauf hinzuweisen, dass Österreich neutral ist, weil Neutralität nicht vor einem Krieg schützt.
Wir sind selbst aufgerufen, neben Friedensbemühungen, eine entsprechende Verteidigungsbereitschaft herzustellen und eine auf Wertefundamente gestützte Wehrbereitschaft zur Grundlage unseres Staatsgedankens zu machen.
Heute gedenken wir am Kriegerdenkmal der in den Kriegen gefallenen, vermissten und gestorbenen Soldaten mit einer Ballade von Detlev von Liliencron. Der Titel lautet „Wer weiß wo“ und bezieht sich auf eine Schlacht im Jahr 1757 in Böhmen zwischen den Kaiserlichen (Österreich) und Preußen, die Leopold Joseph Graf Daun für Österreich entscheiden konnte:
Wer weiß wo
Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm, auf roßzerstampften Sommerhalm
die Sonne schien. Es sank die Nacht, die Schlacht ist aus,
und mancher kehrte nicht nach Haus einst von Kolin.
Ein Junker auch, ein Knabe noch, der heut das erste Pulver roch,
er musste dahin.
Wie hoch er auch die Fahne schwang, der Tod in seinen Arm ihn zwang,
er musste dahin.
Ihm nahe lag ein frommes Buch, das stets der Junker mit sich trug am Degenknauf.
Ein Grenadier von Bevern fand den kleinen erdbeschmutzten Band und hob ihn auf.
Und brachte heim mit schnellem Fuß dem Vater diesen letzten Gruß,
der klang nicht froh.
Dann schrieb hinein die Zitterhand:
»Kolin. Mein Sohn verscharrt im Sand, wer weiß wo.«
Und der gesungen dieses Lied, und der es liest, im Leben zieht noch frisch und froh.
Doch einst bin ich und bist auch du verscharrt im Sand,
zur ewigen Ruh, wer weiß wo.
Graz, am 25. 10. 2024
r. Franz Unterasinger